Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen: Weihnachten 2020 wird anders. Doch Corona bietet Herstellern und Brands die einzigartige Chance, auch ohne Webshop direkt mit ihren Kunden in Kontakt zu kommen.

Alle namhaften Marktforscher prognostizieren aktuell in seltener Einigkeit: Der Großteil des Weihnachtsgeschäfts wird aufgrund der Corona-Pandemie in diesem Jahr digital(er) stattfinden. Das hat nicht nur Auswirkungen auf den stationären Handel, sondern auch auf die Hersteller. Denn in diesem Jahr werden mehrheitlich nicht die Verkäufer auf der Fläche die Fragen der Kunden beantworten. In diesem Jahr sind auch die Hersteller und Marken selbst gefragt.

Das Problem dabei ist: Kaum ein Hersteller hat bislang entsprechendes Know-how in Sachen D2C-Prozesse aufgebaut. Zwar betreiben einige bereits eigene Onlineshops oder verkaufen über Online-Marktplätze – dies aber zumeist nur in den online-reifen Segmenten wie Fashion und Schuhe oder Sport. Und selbst hier lassen viele ihren Online-Auftritt oft von externen Dienstleistern oder nahestehenden Händlern pflegen und hatten somit bislang auch noch keinen direkten Kundenkontakt. Der Rest der Industrie kann Waren auf Paletten für den Handel packen und Vertreter zu Großkunden schicken – aber nicht Einzelpakete für den Endkunden auf den Weg bringen oder eine Telefonhotline betreiben.

Für Hersteller wird Weihnachten manuell digital

Zur Ehrenrettung der Brands sei gesagt: Spätestens seit dem ersten Shutdown haben viele Markenhersteller erkannt, dass ein direkter Draht zu ihren Kunden existenzentscheidend sein kann. Zur Umsetzung einer entsprechenden D2C-Strategie allerdings fehlte in den vergangenen Monaten häufig schlicht die Zeit. Denn ein Großteil der vorhandenen Manpower musste investiert werden, um Löcher in der Beschaffung und vor allem bei den strauchelnden Handelspartnern zu stopfen. Die eigene Digitalisierungsstrategie blieb dabei leider allzu oft auf der Strecke.

Inzwischen ist es natürlich zu spät, um Systeme und Prozesse noch rechtzeitig vor Weihnachten aufs Digitalgeschäft zu trimmen. Die einmalige Chance auf Erfahrungen mit ihren Endkunden, die Corona auf eine noch nie dagewesene Weise eröffnet, sollten die Brands dennoch nutzen. Erreichbarkeit heißt das Gebot der Stunde, so hemdsärmelig und manuell diese hinter den Kulissen auch umgesetzt sein mag. Auf der Corporate Website (oder der Startseite des Webshops) darf in den Wochen rund um Weihnachten nicht mehr die Firmenhistorie im Vordergrund stehen oder das Bewerbungsformular der HR-Abteilung. In den kommenden Wochen rund um Weihnachten müssen Hersteller sich ausschließlich darauf fokussieren, ihren Kunden das Gefühl zu vermitteln: „Wir unterstützen euch in dieser schweren Zeit. Und wenn ihr vor oder nach dem Kauf Fragen zu unseren Produkten oder Probleme habt, wir sind für euch da.“

Vorsicht vor rechtlichen Fallstricken bei Whatsapp

Als Kontaktwege eignen sich das gute alte Telefon, aber auch Whatsapp. Und ein schnell zusammengestelltes D2C-Team, das eingehende Anfragen wirklich zeitnah beantwortet. Doch Vorsicht – beim Einsatz von Whatsapp in der Kundenkommunikation können Unternehmen schnell über rechtliche Fallstricke stolpern. Denn Facebook untersagt die Verwendung des normalen Whatsapp-Messengers zu Business-Zwecken. Und die DSGVO untersagt die Verwendung von Whatsapp Business in Deutschland. Einen Ausweg aus diesem Dilemma, der sich auch noch kurzfristig umsetzen lässt, bieten hier beispielsweise Serviceprovider wie Messenger People. Das Unternehmen hat eine Applikation entwickelt, die sich über den Whatsapp-Messenger legt. Für den Kunden fühlt es sich an, als kommuniziere er direkt in Whatsapp. Gleichzeitig erfüllt die Lösung sämtliche Vorgaben von Facebook und auch die der deutschen Datenschützer. Win-win für alle.

Erfahrungen mit bestehenden Whatsapp-Projekten zeigen, wie erstaunt Unternehmen oft darüber sind, welch enorme Zahl an Neukundenanfragen sie über den Kanal generieren, die sonst komplett an ihnen vorbeigegangen wären. Zusätzlich gehen darüber auch operative und innovative Fragen und Hinweise ein, mit denen sich bestehende Produkte und Dienstleistungen verbessern lassen. Künftig wird es sogar möglich sein, direkt über den Whatsapp- oder andere Messenger einzukaufen. In China ist das mit Wechat ja bereits seit vorgestern der Standardkanal.

Wenn der Kunde mit Kauf droht

Apropos: Wer Kundenanfragen zu Produkten beantwortet, sieht sich früher oder später mit Nutzern konfrontiert, die diese Produkte kaufen wollen. Auch für diesen Fall sollten Hersteller schon im Vorfeld eine Lösung entwickelt haben – egal, ob sie nun selber Pakete packen oder die Bestellung an einen nahestehenden Onlinehändler weiterleiten.

Um es noch einmal zu betonen: Eine bessere Zeit als Weihnachten 2020, um für den Konsumenten da zu sein und sich selbst auszuprobieren, gibt es nicht. Gewinner-Brands wissen diese Chance zu nutzen, konvertieren Interessenten zu Kunden – und rocken mit den Erfahrungen aus 2020 das Jahr 2021. So wird es trotz Corona doch noch fröhliche Weihnachten für alle Beteiligten.

Unser Artikel von Ralph Hübner ist erschienen am 11. Dezember 2020 im t3n Magazin.